Enzyme helfen bei Sportverletzungen
Prellung, Zerrung, Verstauchung - oder auch "der gemeine Muskelkater": Sie haben eines gemeinsam: Gewebe wurde verletzt, der Heilungsprozess beginnt mit einer schmerzhaften Entzündung. Enzyme können diese jedoch oftmals lindern helfen.
Bei jeder Verletzung wird Gewebe geschädigt - auch bei den sogenannten stumpfen Verletzungen, bei denen kein Blut austritt. Dann startet der Körper sein Reparaturprogramm, spürbar durch die klassischen Entzündungssymptome.
Durch die Verletzung ist auch die Durchblutung der betroffenen Stelle beeinträchtigt. Blut und Lymphflüssigkeit sickern ins Gewebe, was zu einer Schwellung und einem erhöhten Druck im Gewebe führt. Dadurch werden wiederum Nerven gereizt: Es entsteht ein Schmerz, der den Verletzten dazu zwingt, die betroffene Stelle zu schonen. Zudem erhitzt sich das Gewebe.
Dies ist zwar unangenehm, aber hilfreich: Die in das Gewebe einsickernden Körperflüssigkeiten führen alle Substanzen mit, die für eine Reparatur des Schadens notwendig sind. Darunter befinden sich auch Enzyme und Coenzyme. Sie können z.B. Bruchstücke zerstörter Zellen abbauen und entsorgen helfen. Die lokale Erwärmung dient dazu, die Aktivität der Enzyme zu erhöhen.
Kleine Riesen
Enzyme sind komplexe Eiweißmoleküle (Proteine), zusammengesetzt aus vielen Aminosäure-Bausteinen. Jedes Protein ist durch seine ganz spezielle Abfolge von Aminosäuren charakterisiert. Sie prägt seine Form. Die Form wiederum definiert die Funktion eines Enzyms. Jedes Enzym kann eine ganz bestimmte Aufgabe erfüllen, z.B. andere Eiweißmoleküle an einer ganz bestimmten Stelle aufspalten.
Generell kann man Enzyme als Katalysatoren bezeichnen. Das bedeutet, dass sie gewisse chemische Reaktionen in Gang setzen bzw. beschleunigen - ohne dabei selbst verändert zu werden. So können bereits kleine Mengen an Enzymen große Wirkungen entfalten. Denn wenn ein Enzym-Molekül eine bestimmte Reaktion angestoßen hat, steht es gleich danach für die nächste zur Verfügung.
Für den Menschen sind Enzyme, wie auch andere Moleküle, winzigklein. Sie lassen sich kaum mit den höchstauflösenden Mikroskopen beobachten. In der Welt der Moleküle sind sie jedoch riesengroß. Ein Enzym-Molekül kann bis zu 2.000 Mal so groß sein wie z.B. ein Alkohol-Molekül. Andere Proteine sind allerdings noch größer.
Schlüssel und Schloss
Die Komplexität der Enzyme ist für ihre Funktion entscheidend. Sie hat nämlich zur Folge, dass jedes Enzym eine unverwechselbare räumliche Struktur hat. Diese wiederum sorgt dafür, dass es nur mit ganz bestimmten anderen Molekülen reagieren kann.
Ein Enzym passt zu "seinen" Reaktionspartnern wie ein Schlüssel ins Schloss. Es kann nur mit diesen reagieren. Für eine andere Reaktion braucht es ein anderes Enzym. Je nach ihrer Funktion werden die Enzyme in sechs Hauptklassen mit diversen Untergruppen eingeteilt.
Für die therapeutische Anwendung spielen vor allem die Hydrolasen eine Rolle. Sie spalten andere Moleküle auf, indem sie Wasser an den Bruchstellen einlagern. Die Esterasen sind zuständig für das Spalten von Fettmolekülen, für Kohlenhydrate gibt es Glykosidasen und die proteinspaltenden Enzyme heißen Proteasen.
Letztere spielen z.B. bei der Wundheilung eine Rolle. Sie spalten die Eiweißmoleküle auf, die bei der Zerstörung von Zellen als "Abfall" übrig bleiben. So helfen sie mit, dass der Schaden im Gewebe schnell wieder repariert werden kann. Dadurch geht die Schwellung bei stumpfen Verletzungen schneller zurück. Die Durchblutung des betroffenen Gewebes verbessert sich, was die Versorgung mit Nährstoffen und Sauerstoff optimiert und damit die weitere Heilung fördert.
Enzyme, die bei der Unterstützung der Heilung wirksam sind, werden aus der Magenschleimhaut von Tieren oder aus Früchten wie Ananas oder Papaya gewonnen. Auch Kiwis und Feigen enthalten eiweißspaltende Enzyme. Damit die Enzyme bei stumpfen Verletzungen helfen können, müssen sie von innen zugeführt werden.
Das geht jedoch nicht, indem man die Früchte einfach isst, denn die Enzym-Moleküle sind ja schließlich selbst komplexe Eiweiße. Als solche werden sie im Magen von der Magensäure und den Enzymen in Magen und Bauchspeicheldrüse zerstört.
Damit sie in wirksamer Form vom Körper aufgenommen werden können, müssen sie also in Form von magensaftresistenten Tabletten bzw. Dragees zugeführt werden. Es gibt auch Granulate mit einem entsprechenden Überzug. Diese Präparate lösen sich erst im Darm auf, wenn die Magensäure neutralisiert ist und die Verdauungsenzyme nicht mehr aktiv sind. In der Regel liegt die tägliche Dosis bei dreimal täglich zwei bis sechs Dragees - je nach Schwere der Verletzung.
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