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Klein, aber mächtig - Wie sehr uns die Schilddrüse beeinflusst
Fühlen Sie sich in letzter Zeit ein bisschen aufgedreht? Oder sind Sie im Gegenteil kaum noch vom Sofa zu bewegen? Die Schilddrüse hat großen Einfluss auf unseren inneren Antrieb. Geht es ihr gut, ist sie unser persönlicher Optimierungscoach – wenn nicht, streut sie Sand ins Getriebe.
Ihre Schilddrüse (Glandula thyreoidea) versteckt sich direkt unter dem Kehlkopf, dort können Sie die kleine Erhebung gut ertasten. Auf medizinischen Abbildungen schaut sie aus wie ein zarter kleiner Schmetterling und sie wiegt auch kaum mehr – doch für unser Wohlbefinden spielt sie eine schwerwiegende Rolle. Bestenfalls hilft sie beim Abnehmen, pusht die Attraktivität, beeinflusst unsere Laune und unsere Fitness positiv. Doch oft hakt es hier: Weltweit leiden etwa 200 Millionen Menschen unter Schilddrüsenproblemen. In Deutschland weist Experten zufolge ein Drittel der Bevölkerung krankhafte Veränderungen der Schilddrüse auf – und Frauen sind deutlich häufiger betroffen als Männer. An Hashimoto-Thyreoiditis erkranken sie zehn- bis 15-mal häufiger und Schilddrüsenkrebs trifft sie zwei- bis dreimal öfter.
Typisch Frau?
Fachleute für Schilddrüsendiagnostik kennen mögliche Ursachen dafür, dass Frauen anfälliger für Schilddrüsenprobleme sind: Zum einen gibt es genetische Faktoren, die Frauen mit ihrem doppelten X-Chromosom zum Nachteil werden – während das Y-Chromosom des Mannes keine Rolle zu spielen scheint. Zum anderen reagiert das weibliche Immunsystem insgesamt sensibler und neigt zu überschießenden Reaktionen, was Autoimmunerkrankungen begünstigt. Davon ist die Schilddrüse besonders häufig betroffen. Hinzu kommen wohl spezifische Einflüsse weiblicher Hormone und Umweltfaktoren. Hier stimmt was nicht Schilddrüsenveränderungen können schuld sein, wenn es mit dem Kinderwunsch nicht klappt, wenn Ihnen besonders viele Haare ausfallen, Sie dauernd müde sind, unerklärlich an Gewicht zulegen, ständig frieren und unter Verstopfung leiden. Treten mehrere dieser Symptome gemeinsam auf, deuten sie eventuell auf eine Unterfunktion der Schilddrüse (Hypothyreose) hin. Doch auch ständiges Schwitzen, Nervosität und Unruhe, Gewichtsverlust, Schlafstörungen und eine unregelmäßige Regel könnten aufs Konto der Schilddrüse gehen. In diesem Fall liegt eventuell eine Überfunktion (Hyperthyreose) vor. Unter- und Überfunktion zählen zu den häufigsten Schilddrüsenerkrankungen.
Was macht die Schilddrüse?
Die Schilddrüse produziert zwei Hormone, Thyroxin (T4) und Trijodthyronin (T3). Sie beeinflussen unter anderem:
- unseren Energiehaushalt
- den Stoffwechsel
- die Körpertemperatur
- das Körpergewicht
- die Muskelkraft
- die Atmung
- das Fortpflanzungssystem
- die Herz-, Gehirn- und Nierenfunktionen
Funktioniert Ihre Schilddrüse gut und produziert die richtige Hormonmenge, läuft alles rund. Leiden Sie allerdings unter Beschwerden und hegen den Verdacht, dass die Schilddrüse verantwortlich ist, suchen Sie ärztlichen Rat. Ein Bluttest bringt ans Licht, ob tatsächlich ein Schilddrüsenproblem vorliegt – und wie es sich behandeln lässt.
SOS Schilddrüse
Schilddrüsenerkrankungen kommen in jeder Lebensphase vor, mit zunehmendem Alter steigt jedoch das Risiko. Am häufigsten treten die folgenden fünf Schilddrüsenerkrankungen auf – oft auch als Mischformen:
- Struma – der bekannte „Kropf“, also eine krankhaft vergrößerte Schilddrüse. Wird meistens durch einen Jodmangel verursacht.
- Morbus Basedow – eine Autoimmunerkrankung, die eine Schilddrüsenüberfunktion verursacht.
- Hashimoto-Thyreoiditis – eine Autoimmunerkrankung, die eine Schilddrüsenunterfunktion verursacht. Entzündung und Unterfunktion entwickeln sich dabei oft langsam und bleiben lange unentdeckt. Eine Hashimoto-Thyreoiditis kann auch die Ursache für Schilddrüsen-Unterfunktionen bei Schwangeren sein.
- Schilddrüsenknötchen – Knötchen in der Schilddrüse, von denen sich regelmäßig etwa 90 Prozent als gutartig erweisen.
- Schilddrüsenkrebs – mit jährlich etwa 8000 Fällen deutschlandweit zählt er zu den selteneren Krebserkrankungen.
Für die verschiedenen Krankheitsformen gibt es unterschiedliche Behandlungsmöglichkeiten: Bei einer Unterfunktion helfen etwa künstliche Hormone, bei einer Überfunktion wird die Hormonproduktion gehemmt. Einen Kropf oder Knoten entfernt der Arzt per OP oder Radiojodtherapie.
So bleibt die Schilddrüse gesund
Am besten kommt es natürlich gar nicht erst so weit. Ausreichend Schlaf, regelmäßige Bewegung, gutes Stressmanagement und eine ausgewogene Ernährung tragen dazu bei, die Schilddrüse fit zu halten. Achten Sie vor allem auf ausreichend Jod im Essen. Schließlich produziert die Schilddrüse zwei jodhaltige Hormone, wofür sie selbst Jod benötigt. Fehlt es langfristig, kann sie nicht mehr richtig arbeiten. Die Weltgesundheitsorganisation WHO empfiehlt 200 Mikrogramm pro Tag. Gute Quellen dafür sind etwa Jodsalz, Meeresfrüchte und Milchprodukte. Selen spielt ebenfalls eine wichtige Rolle für die Schilddrüsengesundheit – Experten raten zu mindestens 60 Mikrogramm täglich. Vor allem Paranüsse und Paprika enthalten relevante Mengen des Mineralstoffs.
Gut zu wissen - Achtung, Jod!
Mit einer jodreichen Ernährung beugen Sie Schilddrüsenerkrankungen bestmöglich vor. Das gilt aber nicht mehr, sobald bereits Schilddrüsenprobleme aufgetreten sind: Bei einer Hashimoto-Thyreoiditis müssen Sie Ihre Jodaufnahme unbedingt einschränken. Auch wer bereits an einer latenten Schilddrüsenüberfunktion leidet, muss aufpassen. Zwar ist ein dauerhafter Jodmangel Ursache des Problems, da sich dadurch die Schilddrüse vergrößert hat und nun unkontrolliert zu viele Hormone produziert. Nehmen Sie aber ab diesem Punkt viel Jod auf, kann die latente Überfunktion in eine symptomatische übergehen.